Weihnachten - ein Fest für das ganze Dorf

Veröffentlicht am 25.12.2003

Die Familie von Roberto ist zuständig für die Verteilung der Kekse und Panetons. Nach der Weihnachtsmesse ist großes Gemeinschaftsessen des Dorfes. Häuptling Marcellino organisiert perfekt die Speisung der über 300 Leute. Nachher gibt es eine Einladung auch an mich zum Fußballspielen. Viele Gäste aus anderen Comunidades sind da.

Nicht erst seit der Terroristenzeit ist Sicherheit, auch im Inneren, eine wichtige Sache für die Leute. Sie organisieren die Wache nach außen, die Ronderos, welche auch bei besonderen Anlässen, so wie heute, Polizeifunktionen ausüben. Sie achten unter anderem darauf, daß sich niemand so sehr mit Masato betrinkt daß er Unsinn macht und den Feiertag stört.

 

Früher, und in anderen Missionen auch heute noch, war es üblich, daß der Missionar alles organisiert und auf alles achtet. Tomás wollte von Anfang an, daß die Leute dies selbst tun.
Es ist ein herrlicher Tag. Aber die Sonne scheint sehr hart. Mariano ist schwindelig. Er trinkt viel.

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Heiligabend

Veröffentlicht am 24.12.2003

Regen. Die Männer verpflegen die Kälber. Dann fangen sie mit einem Lasso eine Mutterkuh, um ihre Verletzung zu behandeln. Sie haben enormen Respekt vor den großen Tieren. Die Neuen im Dorf haben noch nie ein Rind gesehen. Das Schwierige ist, das Lasso wieder zu lösen. Sie trauen sich nicht an die Kuh heran. Mit langen Stöcken gelingt es schließlich, die Kuh wieder vom Lasso zu befreien.
Mittag. Überall in der sogenannten christlichen Welt wird jetzt große Hektik sein. Hier ist jetzt großer Frieden, Stille. Ich versuche, mental mit dem kleinen Plastikweihnachtsbaum klarzukommen, den Mariano angeschleppt hat. Die bunten Kugeln haben schon einige Kolibris angelockt, die enttäuscht wieder abschwirren.
16:00 Uhr beginnt der Filmnachmittag. Tomás schiebt die DVD „Camillo blanco“ ein. Es ist ein Film über einen weißen Jungen in Nordamerika, der sich mit seinem Hund Camillo verirrt hat und bei den Indianern aufgenommen wird. Das ganze Dorf amüsiert sich köstlich dichtgedrängt vor dem Fernsehgerät.
Am Abend gibt es eine Überraschung für Tomás. Mariano hat ihm eine Spielzeugeisenbahn geschenkt. Er freut sich wie ein kleiner Junge und ist nicht mehr sauer, daß Mariano über Weihnachten in Cheni ist.

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Tomás erzählt...

Veröffentlicht am 23.12.2003

Gestern haben die Männer wieder eine riesige männliche Schildkröte aus dem Wald mitgebracht. Mariano will sie später in Lima zu Geld machen.
Ich sitze mit Tomás unter der Veranda und wir versuchen den Regen zu verstehen, ihn zu fühlen, ihn zu lieben. „Rain for the poor, rain for the rich.“ sagt Tomás und ich antworte ihm, daß ich deswegen nicht sauer auf den Regen bin. Das freut ihn, denn er macht sich Gedanken, daß ich trübsinnig werden könnte bei dem vielen Naß. Ich beruhige ihn und sage ihm, daß ich ja schließlich nicht im Urlaub bin. Damit ist er zufrieden.
Er kommt wieder auf seine Arbeit zu sprechen und meint: „Wir können nur versuchen zu verstehen. Und wenn wir meinen, etwas verändern zu müssen, dann geht das hier nur auf einem sehr langen Weg.
Ein Beispiel; ein Mann will an einem anderen Mann Rache üben. Ich sage zu ihm, daß ich das nicht gut finde. Aber wenn er es schon unbedingt tun muß, dann soll er ihn töten und ihm nicht eine Hand, die Nase oder einen Fuß abschneiden. Ich sehe es zum Beispiel als großen Erfolg an, wenn sie Pedro, welcher José gestern jämmerlich verprügelt hat, nicht töten, sondern ihn zur Strafe allein mit der Machete einen Hektar Gras hauen lassen. Bei sengender Hitze. Wenn die ansonsten sehr friedlichen Leute hier wütend werden dann erkennst du sie nicht wieder. Auch die Frauen. Ich habe erlebt, wie eine Frau einem gefangenen Terroristen einen Pfeil in den Bauch stieß, weil der alle ihre Hühner getötet hatte. Wenn wir die Leute hier verstehen wollen, dann müssen wir zuerst das Leben im Dschungel studieren. Ein anderes Vorbild haben sie nicht. Wir dürfen also nicht verurteilen sondern können nur wie Jesus zu der Sünderin sagen: Geh und tu in Zukunft Gutes!“

 

Es ist schwer zu verstehen und unser Denken, geboren und entwickelt in einer abgesicherten, manchmal sogar sterilen Umgebung, wehrt sich dagegen. Es ist das Gesetz des Dschungels; ich muß die Schlange töten, sonst tötet sie den Bruder, der hinter mir geht. Die Menschen können nur anders miteinander umgehen wenn ihre Lebensumstände sich verbessern. Und genau dabei will Tomás ihnen helfen. Ich kann angesichts dieser Erfahrungen nicht mehr verstehen, warum einige „Romantiker“ trotzdem verlangen, es sei alles zu tun, damit die Indios weiterhin wie bisher „ursprünglich“ leben sollen. Zumindest die Leute von Cheni wollen ein anderes Leben.
Heute nachmittag sind die Kühe ins Dorf gebracht worden. Alle sind sehr stolz auf die große Herde des Dorfes.

 

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Weihnachtsvorbereitungen

Veröffentlicht am 22.12.2003

Am 20.12.2001 kamen die vor den Terroristen geflüchteten Ashaninka aus Tango Cheri hier an, am 22.12.2001 die von Cutivireni. Diese beiden Ereignisse, welche den Neuanfang in Cheni bedeuten, werden seither jedes Jahr am 25.12. gefeiert. Am Weihnachtsnachmittag soll für alle ein Filmnachmittag sein, wurde gerade beschlossen. Ich bin gespannt, wie die vielen Leute sich um den Fernseher scharen werden. Zwischen dem Missionshaus und den Fundamenten für die zukünftige Kirche ist ein etwa halber Hektar großer Platz, der jetzt gereinigt wird, um kurzfristig als Weide für die Kühe zu dienen. Sergios Tochter wird mit dem Traktor in einer einfach gezimmerten Kiste nach außerhalb des Dorfes zur Beerdigung gebracht. Ich bitte darum mitfahren zu dürfen und die Leute respektieren verwundert meine Anteilnahme. Die Beerdigung selbst ist reine Handwerksarbeit ohne jede Feier, nur eine kurze Stille am Grab.

Ich helfe einigen großen und kleinen Jungs beim Aufbau einer einfachen Weihnachtskrippe. Tomás bastelt aus Balsaholz, welches er in Satipo gekauft hat, Modelle von den geplanten neuen Häusern der Dorfgemeinschaft. Roberto, einer von den Ältesten, kommt dazu, ist begeistert und lacht sich dabei bald krank. Bei so etwas sind die Männer wie kleine Kinder. Hier noch mehr als bei uns. Tomás erklärt mir nebenbei, warum zur Zeit so viele Schlangen im Dorf sind. Durch den vielen Regen ist sowohl das Wasser des Rio Tambo als auch das des Rio Cheni, der aus den Bergen kommt, angestiegen. Die Schlangen müssen von den Ufern ausweichen und kommen so zuerst in das Dorf. Später finden sie andere Verstecke. Aber diese Übergangszeit ist jedes Jahr erst einmal zu überstehen. Wer eine Schlange sieht tötet sie sofort. Tut er es nicht, ist der hinter ihm gehende sofort in großer Gefahr. Diese Regel lernen schon die kleinen Kinder auf dem alltäglichen Weg in die Schule.

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Tod im Dschungel

Veröffentlicht am 21.12.2003

rotz medizinischer Behandlung im Nachbardorf Poyeni ist heute ein achtjähriges Mädchen an einem Schlangenbiß gestorben. Es ist eine Tochter von Sergio. Ich bin überrascht, wie die Leute dies ohne Verzweiflung annehmen. Sie sagen: „Das ist das Leben und das Sterben hier“. Tomás sagt, daß zu wenig Medikamente vorhanden sind. Ein Erwachsener braucht zwei Spritzen, ein Kind vier. Außerdem sind die Medikamente gegen Schlangenbisse über vier Monate überlagert. Im Laufe des Tages besuchen alle das Haus von Sergio.
Am Nachmittag spielen die Brüder des Mädchens schon wieder Fußball.

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Zurück nach Cheni - Schulferien

Veröffentlicht am 20.12.2003

6:00 Uhr Aufstehen, packen, Frühstück bei Yoli. Die Sachen für Cheni werden in 2 Taxis gepackt. Abfahrt 8:30 Uhr. In Puerto Ocopa kurzer Besuch bei Pater Castillo, dem letzten Saurier der Mission, wie Tomás sagt. Tomás zeigt mir die Bretterhütte, in der er zu Beginn seiner Missionstätigkeit gewohnt hat. Am Ufer wartet schon Marcellino mit dem Boot der comunidad. Es fahren einige ältere Schüler mit, die das Jahr über im Internat in Satipo sind. Hier beginnen jetzt die großen Ferien. Schnelle Fahrt nach Cheni. Ankunft 14:30. Fast das ganze Dorf erwartet uns am Strand, freut sich auf Tomás und die Familien nehmen ihre Kinder freudig in Empfang. Matias, der einzige Ashaninka der den Traktor fahren kann, hat noch einen Hänger mitgebracht, um das viele Gepäck den Sandweg hinauf ins Dorf zu bringen.

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Fußball!

Veröffentlicht am 19.12.2003

Lange ausgeschlafen, da wir doch erst morgen nach Cheni zurückfahren. Außerdem hatte ich gestern abend Kopfschmerzen wegen der Höhe in den Bergen, der strapaziösen Autofahrt und weil es im Auto die ganze Zeit nach Diesel gestunken hat.Wir machen unsere Weihnachtseinkäufe.
Tomás hat mir gestern nochmal gesagt, wie sehr er sich auf die Rundreise mit mir freut. Heute abend, sagt er, kann ich erleben was in Peru los ist, wenn es ein wichtiges Fußballspiel gibt. Die Stadt ist leer und wer kein TV hat geht in ein Restaurant wo eins steht. Heute spielt Cienciano Cusco gegen River Plate (Argentinien) beim Finale des Südamerikacups in Arequipa. Wir gewinnen 1:0!.

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Taufpate in den Bergen

Veröffentlicht am 18.12.2003

Tomás bleibt heute in Satipo und organisiert Material und Logistik für die Bauprojekte. Mario lädt mich ein, ihn bei seiner Pastoralreise in zwei Indiodörfer in den Bergen zu begleiten. Wir holen unterwegs noch zwei einheimische Pastoralreferenten ab und fahren etwa drei Stunden mit einem Geländewagen in südlicher Richtung bis wir das Indiodorf Manzanilla in 4000m Höhe erreichen. Hier ist es nur noch 5°C und ein feiner Nieselregen macht alles klamm. Die Leute hier sind keine Ashaninka. Sie sprechen Quechua, genau wie unsere zwei Begleiter. Besonders die Kinder haben dunkelrote Wangen von der immerwährenden Kälte.
Vor der Messe, die Mario mit den Leuten feiert, bittet mich ein Ehepaar, „Padrecito“ (Taufpate) für ihr 10. Kind zu sein. Die Kleine wird einmal auf den klangvollen Namen YOSVILDA MARITZA HERRERA ROJAS hören. Der Gottesdienst, bei der einer der beiden Helfer predigte, war sehr ergreifend. Die Leute kamen von ihren Kartoffelfeldern und Schaf- und Lamaweiden, so wie sie waren, herbeigelaufen. Der Besuch von Pater Mario viermal im Jahr ist für sie immer ein großes Ereignis. Danach fahren wir nach Santa Rosa de Toldopampa, nur wenige Kilometer unterhalb. Der Empfang ist genauso herzlich und wir kosten einige der leckeren Kartoffeln die sie hier anbauen. Die Leute behaupten halb ernsthaft halb im Scherz, die Kartoffelpflanze hätte genau hier in ihrem Tal ihren Ursprung. Danach geht es wieder drei Stunden zurück auf der mörderischen, unbefestigten Serpentinenpiste, vorbei an Sturzbächen, die sich vom Berg über den Fahrweg ergießen.
Zurück in Satipo muß sich der Körper wieder an fast 30°C gewöhnen. Bei Yoli sitzt zu meiner Überraschung Mariano neben Tomás. Der ist inzwischen mit einem Urwaldflugzeug zurückgebracht worden und hat eine Beule und eine Platzwunde am Kopf. Tomás sagt: „Kein Problem! Aber der Kopf ist nun endgültig leer.“

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Finanzierung der Projekte

Veröffentlicht am 17.12.2003

Frühstück bei Yoli. Bis weit in den Vormittag erzählt mir Tomás von seinem Leben. Kein Regen! Tomás sagt, wenn er gefragt wird, was die ideale Unterstützung für seine Projekte wäre, daß er monatlich mit einem festen Betrag am besten klar käme wegen der Planung. Das ist aber zur Zeit unrealistisch. Er muß immer wieder neu Gelder zusammenbetteln. Auch für seinen eigenen Unterhalt.
Als ich am Abend mit Tomás und Mario bei Yoli sitze erreicht uns durch die Polizei die Nachricht, daß Mariano in Cutivireni einen Zuckerschock erlitten hat.

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